Respekt vor dem Sakralen

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Wie könnte eine angemessene Haltung zu Diskriminierungen und Respektlosigkeiten gegenüber der Religion und sakralen Werten aussehen? Wie sollte man auf so etwas reagieren?

Zu den höchsten Tugenden der Religion in puncto Toleranz gehört, dass man sich persönlichen Beleidigungen und Respektlosigkeiten gegenüber duldsam zeigt und nicht Gleiches mit Gleichem vergeltet. Wer Worte an den Kopf geworfen bekommt, sollte sich am besten gedulden, bis sie sich wie Sternschuppen am Himmel in der Luft auflösen. Doch wenn Grundrechte wie das der Religionsfreiheit mit Füßen getreten werden, wenn diese Rechte respektlos verunglimpft werden, dann geht es dabei nicht mehr nur darum, ob man sie persönlich geduldig hinnimmt oder nicht. In solchen Fällen kann man nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen. Solche Vorfälle sind nicht hinnehmbar und erfordern eine Reaktion; eine Reaktion, die der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Charakter angemessen sein sollte. 

Wer Respekt erwartet, muss selbst Respekt erweisen 

Leider ist unsere Zeit von Instabilität geprägt. Tag für Tag sind wir mit Hass, Feindseligkeit und Wut konfrontiert, mit Beleidigungen und Provokationen. Nicht selten werden nach unglückseligen Vorfällen, über deren wahre Urheber noch gar nichts bekannt ist, beängstigende Stimmen laut, die zum Beispiel lauthals fordern: „Tod den Muslimen!“ Und schon werden von allen Seiten wechselseitig Beleidigungen ausgetauscht. In anderen Fällen werden Plakate aufgehängt, die offenbar gezielt provozieren sollen. Bei alledem gilt es, einen entscheidenden Punkt zu berücksichtigen: Wer feindselige Worte gegen Gott selbst, Seine Namen und Eigenschaften oder gegen Seine Propheten oder gegen die Engel richtet, der beleidigt und verletzt damit alle Menschen, die mit diesen Werten in Verbindung stehen. Denn viele Prinzipien, die mit dem Leben nach dem Tod, dem Jenseits, der Auferstehung und anderen religiösen Themen verknüpft sind, werden nicht nur im Islam hochgehalten, sondern auch in anderen Religionen. So treffen entsprechende Verunglimpfungen neben den etwa anderthalb Milliarden Muslimen auf der Welt auch die Angehörigen der übrigen Weltreligionen, die an das Jenseits glauben. Insgesamt dürften sich etwa vier bis fünf Milliarden Menschen von ihnen angesprochen fühlen. Und wenn man Werte verunglimpft, die von vier bis fünf Milliarden Menschen geachtet und verinnerlicht werden und die einen wichtigen Platz im Leben dieser Menschen einnehmen, dann greift man diese fünf Milliarden Menschen damit letztlich persönlich an. Wer so etwas tut, muss bedenken und in Kauf nehmen, dass man ihm selbst ebenfalls keinen Respekt entgegenbringen wird. Wenn jemand ein Spiel mit den Werten von vier oder fünf Milliarden Menschen treibt, und mit einem Speer auf ihre Werte zielt, dann darf er sich selbst über Nadelstiche nicht beschweren. Wer die Würde eines anderen Menschen – wessen auch immer – verletzt, vermittelt ihm damit das Gefühl, nichts wert zu sein. Wer auf andere Menschen Rücksicht nimmt, vermittelt ihnen hingegen das Gefühl, respektiert zu werden.

Abgesehen davon sollte jemand, der sich bei einem Thema nicht besonders gut auskennt und kein Fachmann auf dem Gebiet ist, auch keine aus der Luft gegriffenen Aussagen darüber treffen. Wer zum Beispiel nicht über Philosophie Bescheid weiß, macht sich zum einen lächerlich, wenn er eine philosophische Schule kritisiert und sie verhöhnt; zum anderen verhält er sich aber auch respektlos gegenüber den Wissenschaften und den wissenschaftlichen Methoden. Oder angenommen, jemand verurteilt philosophische Strömungen, die der Überprüfung durch den Koran nicht Stand halten, generell als falsches Denken. Wenn dieser Kritiker keine Fachbücher zum Thema gelesen hat und Analysen der betreffenden philosophischen Strömungen keine Beachtung schenkt, sich aber dennoch anmaßt, diese Strömungen zu verschmähen und in Frage zu stellen, dann diskreditiert er sich damit in jeder Hinsicht. Genauso verhält es sich mit jemandem, der keinen blassen Schimmer von klassischer Musik hat, aber trotzdem meint, sich wie ein Fachmann zu ihren Stärken und Schwächen äußern zu müssen; oder mit jemandem, der von Journalismus keine Ahnung hat, ihn aber unqualifiziert kritisiert. Solche Kritik schadet nicht nur dem Geist dieser Tätigkeitsfelder, sondern würdigt auch die Menschen herab, die sich auf diesen Tätigkeitsfeldern engagieren. Schließlich haben sie sich darauf spezialisiert und sind in ihrem Wirken erfolgreich. Leider ist es heutzutage so, dass Menschen, die kein profundes Wissen über den Koran und die Sunna besitzen und sich in der islamischen Religion nicht auskennen, diesen Glauben und seine Angehörigen mit beleidigenden Worten und aus der Luft gegriffenen Beschuldigungen attackieren. Sie wissen nicht, welchen Wandel der Islam in der Weltgeschichte schon mehrfach bewirkt hat und zu welcher Blüte er sein „Einzugsgebiet“ fünf Jahrhunderte lang geführt hat. Sie berufen sich auf ihre Meinungs- und Redefreiheit, obwohl es doch in unserer Zeit, in der die Spezialisierung auf Fachbereiche immer mehr an Bedeutung gewinnt, keineswegs üblich ist, dass jemand, der in einem Wissensbereich nicht bewandert ist, unqualifizierte Reden über ein Thema aus diesem Bereich schwingt, die sowohl dem gesunden Menschenverstand als auch Logik und Urteilsvermögen und dem guten Gewissen widersprechen und jeden Respekt vermissen lassen. Wer eine solche Respektlosigkeit begeht und dann noch auf der Korrektheit seiner Aussagen beharrt, darf nicht auf Verständnis hoffen, wenn er mit empörten Reaktionen konfrontiert ist. Wenn er mit völlig deplatzierten Äußerungen und Verhaltensweisen Milliarden von Menschen beleidigt, hat er sich diese Reaktionen selbst zuzuschreiben. Bedauerlicherweise ist es bei einer so großen Gruppe von Menschen nicht weiter verwunderlich, dass es einige gibt, die zu emotionalen Überreaktionen neigen.

Wer im Glashaus sitzt … 

Andererseits sollte man als gläubiger Mensch seine Worte, Taten und Haltungen stets mit Bedacht wählen. Bevor man etwas ausspricht, sollte man sich überlegen, ob sich diese Äußerung nicht vielleicht als Bumerang erweisen könnte. Man muss nicht unbedingt alles, was einem auf dem Herzen liegt, umgehend artikulieren. Denn nicht selten wird der Sinn bestimmter Aussagen in der Öffentlichkeit anschließend völlig verzerrt dargestellt, sodass ein falscher Eindruck entsteht. Das gilt es stets zu bedenken, ebenso wie man auch die Gefühle seiner Gesprächspartner stets mit einkalkulieren und deshalb vorsichtig mit Worten hantieren sollte. Wer selbst in einem Glashaus lebt, sollte keine Steine auf die Häuser anderer Menschen werfen. Sonst gibt man ihnen dazu Anlass, Vergeltung zu üben. 

Im Koran findet sich folgender Hinweis zu diesem Thema: „Und beschimpft nicht (o ihr Gläubigen) die Gegenstände und Wesen, die sie anstelle von Gott zu Göttern gemacht haben und anbeten, damit sie nicht (falls ihr es tut) versuchen, Gott zu beschimpfen aus Hass und in Unwissenheit“ (El-Enʿām, 6:108). Wenn ihr die Götzen eurer Mitmenschen beschimpft, werden sie ihrerseits eure Heiligtümer beschimpfen. Weder im Koran noch in der Sunna und auch nicht in den Auslegungen früherer Gelehrter wird auch nur mit einem Wort dazu aufgefordert, die Ansichtsweisen von Götzenverehrern oder die Götzenverehrer selbst zu attackieren. Ein solcher Befehl oder eine solche Empfehlung existiert ganz einfach nicht. Sich zu bemühen, immer nur die Wahrheit zu sagen, und Gottes Einzigkeit so oft wie möglich zu betonen, ist eine ganz andere Sache. Gläubige Menschen haben nicht die Aufgabe, Dinge, die ihnen wertlos oder banal erscheinen, zu kritisieren und zu verdammen. Vielmehr sollten sie das, was sie sagen wollen, mit den Maßstäben ihres Glaubens messen.

Gleiches gilt natürlich auch für das, was sie schreiben und tun wollen. Denn manchmal kann eine extreme Reaktion in einer emotionalen Situation die eigenen Werte empfindlich schädigen. Wie sicherlich noch in Erinnerung sein wird, kam es vor einiger Zeit zu einem Vorfall, bei dem der Koran Opfer einer Verleumdungskampagne wurde. Diese hatte zur Folge, dass an verschiedenen Orten Kirchen angegriffen und beschädigt wurden. Natürlich ist jeder Angriff auf eine heilige Schrift Ausdruck von Ignoranz und Impertinenz. Aber die Reaktion auf Unverfrorenheiten dieser Art dürfen nicht Angriffe auf Kirchen sein, denn das wäre eine absolut inakzeptable Unverhältnismäßigkeit. Bevor man etwas sagt oder tut, was andere – wen auch immer – kränken oder verletzen könnte, sollte man sich also gründlich überlegen, in welcher Form diese Worte und Taten auf die eigene Person zurückfallen könnten. Erst danach sollte man sagen und tun, was man sagen und tun möchte. Wer sich Respektlosigkeiten ausgesetzt sieht, sollte stets auf konstruktive Weise reagieren, zum Beispiel indem er Vorwürfe wissenschaftlich widerlegt oder rechtliche Schritte einleitet. Man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, seinen guten Charakter und Stil zu opfern, und Diskriminierungen stets auf zivilisierte Weise begegnen. Sonst braucht man sich später nicht zu beklagen, aus dem ersten Impuls heraus Fehler gemacht zu haben.

Ich würde mir sehr wünschen, wenn man in der Frage des Respekts gegenüber dem Sakralen einen internationalen Konsens erzielen könnte. In unserer heutigen Welt stehen die Begriffe Gedankenfreiheit und Redefreiheit im Mittelpunkt heftiger Debatten. Leider fällt für manche Kreise auch die Beleidigung und Beschimpfung der Religion, der Religiosität und des Sakralen in den Bereich der Gedanken- und Redefreiheit, während sie ähnliche Beleidigungen und Beschimpfungen in anderen Bereichen als absolutes Tabu empfinden und, ganz im Gegenteil, als von Hass geleitete Straftaten werten. Gläubige Menschen sollten Repräsentanten von Sicherheit und Vertrauen auf Erden sein. Sie dürfen ihre Mitmenschen niemals erniedrigen, beschimpfen oder verachten, ja nicht einmal die Absicht hegen. Doch aus der Tatsache, dass in manchen Bereichen Gedanken- und Redefreiheit herrscht, in anderen hingegen nicht, spricht leider eine Doppelmoral, die kaum zu rechtfertigen ist. Und ohne jeden Zweifel fühlen sich gläubige Menschen davon tief verletzt. 

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Es wäre sehr zu begrüßen, wenn der Gedanke, dass respektiert werden sollte, was anderen Menschen heilig ist, zu einem gemeinsamen Anliegen aller Menschen gemacht werden könnte und wenn im Namen der Menschheit jeder Mensch ein feines Gespür für diesen Gedanken entwickeln könnte. Es wird Zeit, dass sich endlich auch internationale Organisationen, die alle Nationen und Völker der Welt vertreten, dieser Frage annehmen und im Rahmen eines prinzipiellen Konsenses ein für alle Mal klare Verhaltensregeln verankern, die keinen Raum mehr für Debatten und willkürliche Handhabungen lassen. Es wäre so wichtig, dass sich die Menschheit in dieser Frage einigt, dass man Grenzen definiert, die fortan eingehalten werden müssen! Denn es ist ein wichtiges Prinzip des friedvollen Zusammenlebens, dass man die unveräußerlichen Werte seiner Mitmenschen achtet. Wer gegen dieses Prinzip verstößt, wird in unserer von Tag zu Tag kleiner und enger werdenden Welt Probleme bekommen, die mit der Zeit möglicherweise immer größer und beängstigender werden. 

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