İçindekiler
Der Koran erwähnt den Begriff Veruntreuung (ghulūl) und spricht in diesem Zusammenhang von einer schweren Sünde: „Es ist nicht denkbar, dass ein Prophet (etwas) veruntreut; und wer immer (etwas) veruntreut, der wird am Tag der Auferstehung mit dem Veruntreuten herbeikommen. Dann wird jeder Seele das alles zurückerstattet, was sie erworben hat (während sie auf Erden weilte), und kein Unrecht soll ihnen zugefügt werden“ (Āl ʿImrān, 3:161). Was genau ist unter dem Begriff „ghulul“ zu verstehen? Und welche Botschaft hält der Vers für Gläubige von heute bereit?
In einem allgemeinen Sinn bedeutet ghulul so viel wie unrechtmäßige Aneignung: jemand nimmt etwas an sich, worauf er kein Anrecht hat, zieht Nutzen daraus und bricht Vertrauen. In einem spezielleren Kontext meint es, etwas aus der Kriegsbeute zu stehlen, bevor sie verteilt wird, oder, sich heimlich öffentliche Güter anzueignen und Staatsgüter zu missbrauchen.
In dem Vers zeigt der unbestimmte Artikel „ein“ vor dem Wort „Prophet“ (anstelle von „der Prophet“) an, dass hier sämtliche Propheten gemeint sind. Dadurch wird auf zwei wichtige Punkte verwiesen:
Erstens: Moralische Integrität ist eine Eigenschaft, durch die sich nicht nur der letzte der Propheten auszeichnete, sondern alle Propheten; weder Adam noch Noah, Hud, Salih, Moses, Jesus oder irgendein anderer Prophet hat sich je etwas angeeignet, das anderen Menschen gehörte. Sie alle nahmen ausschließlich Dinge entgegen, bei denen sie hundertprozentig davon überzeugt waren, dass sie ihnen auch tatsächlich zustanden.
Zweitens: Da sich keiner der Propheten Veruntreuung hat zu Schulden kommen lassen, kann auch der Prophet Muhammed – Friede sei mit ihm –, die schillerndste Frucht dieses gesegneten Baumes [der Propheten], nichts dergleichen getan haben. Wenn wir die Linie der Propheten mit einer Gebetskette vergleichen, dann ist der Stolz der Menschheit ihre kostbarste Perle. Mit ihm verwandelte sich die Gebetskette in einen wahrhaftigen tesbih (Rosenkranz), mit ihm erst war die Kette vollständig. Im Hinblick auf das Ziel, das Gott mit der Schöpfung verfolgt, ist er sowohl das Samenkorn als auch die vollkommenste Frucht des Universums. Mit ihm wurde klar, welche Bedeutungen bestimmten Begriffen innewohnen. Er lieferte Erklärungen für Phänomene, die das Leben der Menschen beeinflussen, sodass sie fortan richtig interpretiert werden konnten; und indem man vom Wissen Gottes profitierte, gelang es, bedeutungsvolle Erkenntnisse aus ihnen abzuleiten. Der Stolz der Menschheit ist zugleich auch der Inbegriff aller Tugend. Er vereinigt in seiner Person die Krone jeder guten Charaktereigenschaft, und auch seine Treuherzigkeit und Aufrichtigkeit sind unübertroffen.
Über den Offenbarungsanlass dieses Verses gibt es verschiedene Berichte. Einer davon verknüpft den Vers mit der Schlacht am Uhud. Demzufolge habe eine Gruppe von unreifen Menschen, zu denen vor allem die Heuchler aus Medina gehörten, dem erhabenen Propheten vorgeworfen, er würde – Gott verbiete auch nur den Gedanken – einen Teil der Kriegsbeute für sich selbst abzweigen. Dieser Vers jedoch weist mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass diese großartige Persönlichkeit, die von Geburt an ein Leben in völliger Aufrichtigkeit führte, niemals etwas veruntreut hätte. Als Beleg für seine bemerkenswerte Integrität mag ein einziges Beispiel genügen: Als der Prophet seinen letzten Atemzug tat, wurde sein Schild von einem jüdischen Pfandleiher gehalten. Zeit seines Lebens übte er in seinem Privatleben größte Zurückhaltung und war überaus wachsam gegenüber allem, was auch nur den geringsten Zweifel an seiner aufrechten Lebensweise hätte wecken können.
Unrechtmäßige Gewinne in rechtmäßigem Gewand
In dem Koranvers heißt es: „Und wer immer (etwas) veruntreut, der wird am Tag der Auferstehung mit dem Veruntreuten herbeikommen.“ Veruntreuung bedeutet aber nicht nur, sich heimlich aus der Kriegsbeute zu bedienen. In die Kategorie der Veruntreuung fällt alles, was sich jemand aneignet, ohne ein Anrecht darauf zu besitzen. Man stelle sich beispielsweise einen Menschen vor, der in eine bestimmte Position aufsteigt und diese dazu missbraucht, sich persönlich zu bereichern, indem er Spekulationsgeschäfte tätigt und Gelder unterschlägt, und der anschließend versucht, sein Handeln mit Ausflüchten wie der folgenden zu rechtfertigen: „Ich tue doch, was ich kann. Ohne mein Bemühen käme doch niemals so viel Geld zusammen!“ Auch so etwas gilt also als Veruntreuung. Und selbst wenn sich jemand für ein Regierungsamt bewirbt, ohne dafür geeignet zu sein, verletzt er damit die Rechte des Volkes.
Dieser Vers hat einen konkreten Adressaten, vermittelt aber eine allgemeingültige Botschaft; nämlich die, dass sich auch die Jünger des Propheten davor hüten sollten, diesen Fehler zu begehen; vielmehr sollten sie mit aller Entschlossenheit stets dem rechten Weg folgen. Andernfalls werden sie sich für das, was sie an sich genommen haben, einst vor Gott verantworten müssen. Das heißt, dass der Vers in Gestalt der Propheten alle Anhänger des Propheten [Muhammed] warnt. Auch der Gesandte Gottes selbst sprach mit seinen Gefährten einmal über Veruntreuung – das entsprechende Hadith darf als Interpretation des oben zitierten Verses betrachtet werden – und verdeutlichte ihnen, welch große Sünde sie darstellt: „Ich möchte nicht, dass am Tag der Auferstehung einer von euch mit einem ächzenden Kamel auf dem Nacken daherkommt und mir zuruft: ‚O Muhammed!‘. Dann werde ich ihm entgegnen: ‚Ich kann nichts für dich tun, ich habe euch die Botschaft überbracht.‘“[1] Dasselbe sagte der erhabene Prophet auch über andere ähnliche Tiere und andere Arten von Profiten.
Der Vers endet mit den Worten: „Dann wird jeder Seele das alles zurückerstattet, was sie erworben hat (während sie auf Erden weilte), und kein Unrecht soll ihnen zugefügt werden.“ Möge Gott uns alle davor bewahren, ein Übel wie die Veruntreuung mit in die nächste Welt hinüberzunehmen und uns Dinge anzueignen, die uns nicht zustehen. Wenn man sich anschaut, wie Staatsgelder unterschlagen und verschwendet werden oder wie Staaten hohe Schulden aufgebürdet werden, die das Volk in Armut stürzen, wird man besser verstehen, was für eine schwere Sünde Veruntreuung ist.
Permanente Selbstkritik – ein wirksames Gegenmittel
Aufrichtige Seelen sollten mehr Feingefühl entwickeln und sich von jeder Art der Veruntreuung fernhalten. Zum Beispiel sollten wir, wenn wir uns versammeln, um Gott zu dienen oder zu Ihm zu beten, ernsthaft darüber nachdenken, ob wir ein Anrecht darauf haben, den Teppich unter unseren Füßen zu betreten. Wenn wir das nicht tun, bedeutet dies, dass wir unser Feingefühl in diesem Punkt verloren haben. Damit möchte ich nicht behaupten, dass wir nicht dazu berechtigt wären. Diejenigen, die diese Einrichtungen erbaut haben, haben die Teppiche gekauft, damit wir sie benutzen. Aber das ist ein anderes Thema. Mir geht es eher darum zu betonen, dass wir uns fragen sollten, ob wir es wirklich verdienen, uns auf diesen Teppichen niederwerfen und sie ein wenig abnutzen zu dürfen. Wir genießen das Essen, das uns aufgetischt wird, aber verdienen wir es tatsächlich? Bei diesem Thema Bedenken und Skrupel zu haben und dadurch Feingefühl zu entwickeln, ist außerordentlich wichtig. Wenn jemand sich fragt, wem er den Bissen, den er sich gerade in den Mund steckt, verdankt und ob er ihm wirklich zusteht, dann bezeigt er damit großes Feingefühl und erfüllt eine bedeutsame Pflicht, die den Gläubigen obliegt.
Man kann dem Glauben und den Menschen in ganz unterschiedlichen Bereichen einen Dienst erweisen. Als Beispiel sei hier nur die nichtstaatliche Hilfsorganisation „Kimse Yok Mu“ genannt.[2] Es ist bekannt und für jedermann offenkundig, dass „Kimse Yok Mu“ mit ihrer humanitären Hilfe beachtliche Dienste leistet. Wenn in irgendeiner Region der Erde Not herrscht, eilen ihre Mitarbeiter dorthin, um den Betroffenen eine helfende Hand zu reichen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass es die Spenden der Menschen sind, die diese Organisation tragen und von denen die Notleidenden profitieren. Das Fernsehen wirbt Spendengelder ein, die dann per Telefon überwiesen werden können, und so können die Leute schon mit einigen wenigen Lira Gutes tun. Am Ende summieren sich die Beträge.
Wer für eine Organisation wie diese arbeitet, sollte dies im Idealfall allein um des Wohlgefallens Gottes wegen tun, ohne irgendeine Gegenleistung dafür zu verlangen. Aber wenn jemand über kein anderes Einkommen verfügt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sollte es möglich sein, ihn angemessen zu entlohnen; allerdings mit einem festen Gehalt, aus dem auch kein Geheimnis gemacht wird. Andernfalls könnten die Leiter der Organisation unter Umständen denken: „Wir haben doch die finanziellen Mittel. Warum sollten wir unseren Mitarbeitern also weniger als einem angesehenen Journalisten zahlen? Schließlich sind wir in so vielen Ländern der Welt aktiv und nehmen größte Unannehmlichkeiten in Kauf. Folglich haben wir auch Anrecht auf ein hohes Gehalt!“ Dieser Gedanke wäre ebenfalls eine Form der Veruntreuung.
Was in diesem Fall getan werden muss, ist, dass die Organisation ihren Mitarbeitern im Rahmen ihrer Richtlinien, die von der Führungsspitze erlassen wurden, zusichert: „Diese oder jene Summe bekommt ihr als monatliches Gehalt, und diese und jene Summe zusätzlich für eure Reisekosten.“ Auf weitere Zahlungen haben sie keinen Anspruch. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sie nur scheinbar rechtschaffen handeln, in Wirklichkeit aber auf Abwege geraten. Dann könnten sie sich, obwohl sie doch eigentlich die besten Aussichten haben, Gottes Wohlgefallen zu erlangen, von den Täuschungen Satans blenden lassen und – Gott bewahre! – zu Fall kommen.
Ethisches Handeln und unbedachte Äußerungen
Auch die Leiter anderer wohltätiger Einrichtungen, zum Beispiel von Nachhilfeinstituten, Kulturzentren und so weiter, müssen dem Thema mit Feingefühl begegnen. Diejenigen, die diese Dienste unterstützen, bringen ihren Mitarbeitern so viel Vertrauen entgegen, dass sie ihnen bereitwillig sogar ihre Seele überlassen würden, wenn diese irgendwo gebraucht würde. Käme es nun irgendwo in einer dieser Einrichtungen zu einem Fall von Veruntreuung – und selbst wenn es lediglich um den Wert eines Siebtel Gerstenkorns ginge –, so würde uns Gott dafür zur Verantwortung ziehen. Im Koran heißt es: „Und so wird derjenige, der Gutes im Gewicht eines Stäubchens tut, es sehen; und derjenige, der Böses im Gewicht eines Stäubchens getan hat, wird es sehen“ (Ez-Zilzāl, 99:8). Demzufolge haften wir selbst für kleinere Sünden. Das arabische Wort für Stäubchen – dherra – bezeichnet das kleinste Teilchen Materie; früher sprach man von Molekülen, dann von Atomen und heute von subatomaren Teilchen. Genauso gut könnte man es auch Ion oder Äther nennen. Dieser Vers sagt demnach aus, dass Gott der Allmächtige uns sogar für Vergehen zur Rechenschaft ziehen wird, die so klein sind, dass man sie selbst unter dem Mikroskop oder mithilfe von Röntgenstrahlen nicht erkennt.
Auch Bediuzzaman legte sein Leben lang in dieser Hinsicht größtes Feingefühl an den Tag. Um das Vertrauen der Leute nicht zu erschüttern, listete er ihnen seine äußerst bescheidenen Habseligkeiten auf: „Der Mantel, den ich trage, habe ich vor sieben Jahren aus zweiter Hand gekauft. In fünf Jahren habe ich für Kleidung, Unterwäsche, Schuhe und Strümpfe zusammen viereinhalb Lira ausgegeben.“ Er achtete sehr darauf, ihnen nicht auch nur den geringsten Anlass zu geben, ihm zu misstrauen. Weiterhin eröffnete er ihnen, dass er ein Huhn besitze, welches auch im Winter jeden Tag ein Ei lege, und dass dessen Küken noch nicht ausgewachsen seien; sie würden erst dann beginnen, selbst Eier zu legen, wenn die Mutter dazu nicht mehr in der Lage sein werde. All dies sind keine simplen Geschichten. Mit solchen Berichten legte er vor den Leuten Rechenschaft ab.
Einmal hörte ich Hadji Münir Efendi, einen angesehenen Mann aus unserem Dorf, davon erzählen, wie Soldaten auf Befehl der damals neuen Regierung zum Berg Erek ausschwärmten, um Bediuzzaman zu verhaften, der sich dort in die Abgeschiedenheit zurückgezogen hatte. Auf dem Rückweg legten sie in unserem Dorf eine Rast ein. Bediuzzaman wurde im Gasthaus meines Großvaters bewirtet. Münir Efendi beschrieb ihn mit folgenden Worten: „Als ich sah, in welchem Zustand er sich befand, kamen mir die Tränen. Seine Schuhe waren löchrig, die Füße und Socken durchnässt. Ich zog ihm seine einfachen Gummistiefel aus und stellte ihm ein neues Paar hin. Gott weiß, wie schwierig es war, ihn davon zu überzeugen, es anzunehmen. Zum Fastenbrechen bei Sonnenuntergang brachte ich ihm etwas Suppe und Kompott. Nachdem er ein paar Löffel von der Suppe gegessen hatte, forderte er mich auf, nichts zu verschwenden; das Kompott könne er doch zum Sahur essen (zur Mahlzeit vor Beginn des Fastens).“
Dieser bedeutende Lehrmeister wollte sich nicht einmal ein neues Paar Gummistiefel leisten, so ausgeprägt war sein Feingefühl. Er tat alles, was in seiner Macht stand, um das Vertrauen der Menschen in ihn nicht zu erschüttern, und war uns in dieser Hinsicht ein Vorbild. Menschen in seiner Position, die bestimmte Werte repräsentieren, müssen Feingefühl an den Tag legen. Das Vertrauen der Menschen ist das wertvollste Gut, das wir als Gläubige besitzen.
Immer wieder fragt man mich: „Wie kommen Sie an die finanziellen Mittel zur Unterstützung der Schulen?“ Wir haben die Unterstützung des Volkes. Die Leute unterstützen uns, weil sie uns vertrauen. Sie sagen: „Die Lebensweise dieser Menschen gibt uns nicht den geringsten Anlass, an ihren guten Absichten zu zweifeln.“ Wenn ihr euch also irgendeine Art von ghulul zu Schulden kommen lasst und Dinge für euch beansprucht, die euch nicht zustehen, dann werdet ihr damit zunächst einmal dieses Vertrauen gebrochen haben. Zudem werdet ihr euch auch vor Gott dafür verantworten müssen, dass ihr diese Leute, die euch vertrauen, betrogen habt. Ob wir dann Argumente vorbringen können, die uns entlasten, darf bezweifelt werden. Das Geschehen am Jüngsten Tag wird den Stolz der Menschheit sicherlich traurig stimmen.
Es gibt grundlegende Werte und Disziplinen innerhalb der islamischen Lehre, die so komplex sind, dass sie eine eigene Abhandlung erfordern würden. Gott der Allmächtige ließ den Muslimen große Segnungen zuteilwerden: den Koran, die authentifizierte Sunna und die islamischen Lehren; und er hat sie zum Geist unseres Lebens gemacht. Die Muslime wurden also reich beschenkt. Wenn sie es aber trotzdem nicht schaffen, ihre Seele zu einem Mahnmal zu machen, dann bedeutet dies, dass sie ihr Leben umsonst leben. Um den erhabenen Propheten im Jenseits nicht in Verlegenheit zu bringen und um unseren Teil dazu beizutragen, dass Gottes Gnadengaben auch weiterhin in Form von guten Werken auf diese Welt hinabkommen, sollten wir bei diesem Thema größtes Feingefühl beweisen.
Genau aus diesem Grund habe ich zu einigen Menschen, mit denen ich schon 40 oder 45 Jahre lang befreundet war, gesagt: „Es wäre besser, wenn ihr keine eigene Wohnung beziehungsweise kein eigenes Auto besitzen würdet.“ Ich selbst bin kein besonders feinfühliger Mensch. Trotzdem habe ich viele Male mit geöffneten Händen zu Gott gebetet: „Mein Gott, hier bin ich, und ich flehe Dich an. Bitte gewähre meinen Brüdern keine irdischen Reichtümer.“ Denn wenn andere sehen, dass sie einen gewissen Wohlstand genießen, werden sie vielleicht sagen: „Das fließt ihnen aus irgendeiner Quelle zu.“ Gelobt sei Gott dafür, dass jeder von ihnen noch einer anderen Arbeit nachgeht und dass mich dies – die ganze Welt sei mein Zeuge – in keiner Weise stört. Mögen sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen, und möge Gott ihnen ein langes Leben schenken. Das bereitet mir keinen Kummer. Traurig wäre ich dagegen, wenn sie als Sünder sterben oder andere Menschen über ihre Unehrlichkeit lästern würden; denn dadurch würde ein Ideal diskreditiert, das so viele Menschen von ganzem Herzen unterstützen.
Anmaßung der Leistungen anderer
Als letzter Punkt sei erwähnt, dass es neben der materiellen Veruntreuung auch Veruntreuung im spirituellen Sinn gibt. Bediuzzaman zum Beispiel weist darauf hin, dass der Erfolg eines Regiments nicht nur dessen Befehlshaber zugeschrieben werden kann. Lohn und Ehre gebühren nicht seiner Person allein, sondern dem ganzen Heer. Wenn [analog dazu] nun jemand auf die Idee käme, die Erfolge und Leistungen einer ganzen Bewegung für sich zu beanspruchen, dann würde er damit zum einen Gott Partner beigesellen (weil er dadurch die Kausalität vergöttlicht hatte) und sich zum anderen der Veruntreuung schuldig machen. Wenn jemand die Bemühungen von Millionen von Menschen zu erwähnen vergisst, wenn er seine eigene Rolle in den Vordergrund stellt, indem er immerzu von seinen Plänen und Projekten und von seinen Erkenntnissen und Ideen spricht, und wenn er um Anerkennung in der Öffentlichkeit heischend bestimmte Errungenschaften als sein Werk bezeichnet, dann liegt darin eine große Gefahr. Und wenn andere ihm diesen Gefallen tun und ein Loblied auf ihn singen und er sich davon geschmeichelt fühlt, dann zeugt dies von größter Respektlosigkeit und moralischer Verderbtheit. Solch eine Haltung ist ebenfalls eine Form von ghulul. Sie ist als schwere Sünde und als Vertrauensbruch zu werten.
[1] El-Buḫārī, Djihād, 29; Muslim, Emāre, 24.
[2] Eine humanitäre Einrichtung der Hizmet-Bewegung, die nach dem inszenierten Putsch von der Regierung konfisziert. (Anm. d. Red.).





